Der Nordfriesische Verein e. V.

Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war die wirtschaftliche Lage im Deutschen Reich stabil. Der industrielle Aufschwung brachte auch den ländlichen Bezirken Vorteile und führte insgesamt zu einer relativen Steigerung des Wohlstands breiter Bevölkerungsschichten. Die sich ständig verstärkenden Zentralisierungsbestrebungen blieben in Nordfriesland nicht ohne inneren Widerspruch. Viele Friesen fürchteten um ihre „friesischen Freiheiten“ und befürchteten den Verlust der friesischen Kultur und der Bindungen an friesische Traditionen durch die fortschreitende Landesentwicklung. In diese Zeit fiel 1902 die Gründung des Nordfriesischen Vereins. Als der Mildstedter Pastor August Schulz zur Gründung eines Vereins zur Pflege der Heimatkunde Nordfrieslands nach Rödemis einlud, standen die nordfriesische Geschichte, Natur und Volkskunde im Vordergrund. Die stetig schwindende Bedeutung der friesischen Sprache wurde aber schnell nach der Gründung des „Nordfriesischen Vereins für Heimatkunde und Heimatliebe“ Thema der Vereinsarbeit. Die Begriffe Heimatkunde und Heimatliebe wurde zunehmend in Verbindung mit der friesischen Sprache interpretiert. Trotz pessimistischer Einschätzung über den dauerhaften Erhalt der Sprache war es für viele erstrebenswert, sie zu retten. Der Nordfriesische Verein bildete das eigentliche Diskussionsforum in Nordfriesland und hatte schon aus diesem Grunde eine herausragende Bedeutung. Er war der erste auf eine Region bezogene Heimatverein in Schleswig-Holstein. Im Laufe der der Gründung folgenden Jahre schlossen sich dann viele der örtlichen friesischen Vereine, sowohl solche mit friesischsprachlichem Hintergrund wie auch vor allem im Süden Nordfrieslands ansässige plattdeutsch sprechende Vereine dem Nordfriesischen Verein für Heimatkunde und Heimatliebe an, der so die Rolle eines Sprechers und Dachverbandes übernahm und bis heute weiter trägt. Nach dem 1. Weltkrieg trat ein Wandel in der Wertung der friesischen Sprache ein, der nicht zuletzt auch auf dem friesischen Spracherlass der preußischen Staatsregierung gründete. Mit ihm wurde erstmals planmäßiger Schulunterricht in Friesisch ermöglicht und so die Chance eröffnet, der nachwachsenden Generation Zugang zur friesischen Sprache über die Familie hinaus zu verschaffen. Die selbstverständliche Zugehörigkeit zum deutschen Kulturkreis wurde – im Gegensatz zu der nach dem Krieg gegründeten „Foriining for nationale Friiske“, heute Friisk Foriining – niemals in Frage gestellt. Die Absicht, die Friesen als nationale Minderheit einzustufen, fand heftigen Widerstand. 1926 stimmten 13000 Friesen mit ihrer Unterschrift gegen diese Absicht des Genfer Minderheitenkongresses und dokumentierten ihre Zugehörigkeit zum deutschen Kulturkreis in den „Bohmstedter Richtlinien“. Im Dritten Reich überwog anfangs die politische und ideologische Zustimmung zum neuen Regime. Die Hoffnung auf eine eigenständig gepflegte friesische Identität und politisch geförderte Unterstützung schwand aber zunehmend. Schon 1933 begannen die Nationalsozialisten mit der politischen „Gleichschaltung“ , die 1934 zum Rücktritt des damaligen Vereinsvorsitzenden Dr. Rudolf Muuss und 1935 zur Namensänderung in „Heimatbund Nordfriesland“ und zum Verlust jeglicher Sonderstellung führte.

Schon 1945 regte sich der Wunsch nach einem Neubeginn und einer Neugründung des Vereins. Nach einer Periode der Vorgespräche und Friesentage folgte am 22. Juni 1946 in Niebüll die Neugründung. In vieler Hinsicht hat sich der Verein seitdem auch inhaltlich neu orientiert, insbesondere in der anfangs nicht einfachen Zusammenarbeit mit der Friisk Foriining; hier führte über die Jahre hinweg ein konseqent beschrittener Weg von der Konfrontation zur Kooperation. Neu entwickelt hat sich auch die Zusammenarbeit mit dem für die wissenschaftliche Kulturarbeit verantwortlichen Nordfriisk Instituut und dem Friesenrat, der für die friesischen Organisationen die Zusammenarbeit mit den politischen Gremien auf Landes- und Bundesebene pflegt. 1993 wurde der Vereinsname in „Nordfriesischer Verein e. V. – Friesisch-Plattdeutscher Heimatverband“ geändert.

(Die Zusammenstellung erfolgte aus Texten des Nordfriisk Instituuts, Bräist/Bredstedt)


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